Mit beiden Beinen im Leben

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Eine Reise zu mir selbst

Wie ich gelernt habe durch ein erneut sehr einschneidendes Erlebnis mich selber besser kennenzulernen und meine Gedanken auf den rechten Weg zu bringen.

Viel zu selten nehmen wir uns Zeit, um unsere Gedanken zu ordnen und sinnvoll zu strukturieren. Zu selten fragen wir uns, was wir brauchen, wie wir uns fühlen und legen den Fokus auf die Dinge, die uns nicht voranbringen. Um zu mehr Stärke, Motivation und Zufriedenheit mit Dir selbst und Deinem eigenen Leben zu gelangen, musst Du an Deinen Gedanken arbeiten.

Vielleicht hilft es Dir, wenn ich dir einen tiefen Einblick in meine Geschichte gebe.

Meine Reise zu mir selbst jährt sich nun bald zum vierten Mal. Sie beginnt am 11. Dezember 2018, es war ein Dienstag und ich werde diesen Tag niemals vergessen können.

Eigentlich sollte dieses Datum ein schönes Datum sein, habe ich doch Geburtstag. Ich kann mich noch ganz genau an diesen Tag erinnern. Morgens schien noch alles in Ordnung zu sein, so schien es mir zumindest. Ich saß wie jeden Tag im Büro und bin meiner Arbeit nachgegangen. Doch schon ein paar Stunden später wurde ich mit dem Verdacht, dass ich an Knochenkrebs erkrankt bin, konfrontiert und das von einer völlig empathielosen Röntgenärztin. Das irgendwas nicht stimmte, dessen war ich mir schon länger bewußt, da ich eine clementinengroße Veränderung an meinem Rest-Oberschenkelknochen verspürte. Hatte aber aus Angst immer meinen Termin beim Chirurgen verschoben, bis es eben nicht mehr ging. Vielleicht haben mich auch deswegen ihre Worte wie ein Schlag getroffen. Einfühlsamkeit kannte sie wohl absolut nicht. Mir wurde von jetzt auf gleich der Boden unter den Füßen weggerissen, auch wenn das endgültige Ergebnis noch ein paar Tage auf sich warten ließ. Da saß ich nun ihr gegenüber und wusste nicht wie mir geschah. Wie sollte es jetzt weiter gehen? Job, Familie, Partnerschaft und Freunde, was passiert damit? Ich hatte mich doch gerade erst wieder in das Arbeitsleben zurück gekämpft . Einen Job gefunden der mich erfüllte, in dem ich all mein Wissen unter Beweis stellen konnte, ein Job in dem ich anderen behilflich sein konnte, die eben nicht so stark sind wie ich. Und nun? Sollte ich jetzt all das wieder verlieren?

Verlassen habe ich damals das Institut mit einer Einweisung in das UK Münster, um stationär aufgenommen zu werden.

Nach meinem Termin im Röntgeninstitut habe ich nur noch funktioniert. Ich fühlte mich wie ein Roboter, der fremdgesteuert wurde. Mein erster Weg führte mich, wie soll es auch anders sein, wieder an meinen Arbeitsplatz zurück. Die Worte der Ärztin rückten in den Hintergrund. Meine Arbeit war jetzt wichtiger. Ich war damals noch in der Probezeit und wollte auf keinem Fall riskieren meinen Arbeitsplatz zu verlieren. Doch so leicht wie es sich jetzt anhört, war es dann doch nicht. Einige Kollegen, die von dem Termin wussten, stellten natürlich ihre Fragen. Einerseits verständlich und dann doch für mich sehr unangenehm, da einige Kollegen nicht wirklich an mir und meinem Ergebnis interessiert waren, sondern nur etwas zum tratschen brauchten. Das Arbeiten wollte natürlich verständlicherweise nicht mehr so recht klappen und ich wurde nach Hause geschickt. Doch wie sagt man, an einem eigentlich so schönen Tag, es seinen Kindern? Die Verabredung, wir wollten uns abends in einem netten Lokal in Düsseldorf treffen, habe ich mir natürlich nicht nehmen lassen. Hey, ich habe Geburtstag und daran kann der Krebs auch nichts ändern. Wie ich es meinen Kindern damals mitgeteilt habe, kann ich heute ehrlich gesagt nicht mehr genau sagen. Es war irgendwo zwischen Hauptgang und Nachspeise. Wir wollten uns den Abend nicht verderben lassen.

Meine Kinder haben es erstaunlicherweise sehr gefasst aufgenommen, für mich kam das sehr abgeklärt rüber. Heute weiß ich, aus vielen unzähligen Gesprächen die wir im Laufe der Jahre geführt haben, dass es nur ein Schutzmechanismus gewesen ist . Sie wollten mich schützen, damit ich mir nicht auch noch Sorgen um sie machen muss.

Für den übernächsten Tag war dann auch schon die Aufnahme im UK Münster geplant. Warum erst zwei Tage später? Warum ließ ich mir Zeit? Hatte ich nicht schon zu lange gewartet? Das kann ich erklären: An meinem Arbeitsplatz stapelten sich die Akten, Mails standen noch zur Bearbeitung offen, Kunden warteten auf ihre Hilfsmittel. Also Arbeit ohne Ende die ich unbedingt noch erledigt haben wollte. Außerdem musste ich mich um eine Vertretung kümmern, die meine Aufgaben mit übernimmt, in der Zeit in der ich ausfalle. Alles in allem war noch genug zu erledigen und zudem konnte ich versuchen auf andere Gedanken zu kommen, sofern das überhaupt möglich.

Plötzlich war der Tag der Aufnahme gekommen. Er gestaltete sich dann ganz anders wie geplant im UK Münster. Statt aufgenommen zu werden, wie ursprünglich angewiesen, wurde sofort die Biopsie in einem extra dafür sterilen Raum vorgenommen. Nach einer guten Stunde war alles vorbei. Die Biopsie wurde unter Lokalanästhesie gemacht. Der damalige Arzt entließ mich danach mit den Worten: „ Heute können wir hier nichts mehr für sie tun, wir melden uns bei ihnen, wenn das Ergebnis der Biopsie vorliegt. Das kann aber etwas dauern. Wir rechnen so in ca. 2 Wochen damit!” Zwei Wochen war das sein Ernst? In zwei Wochen ist Weihnachten.

Tja und so bin ich dann nach Hause geschickt worden. Ich glaube jeder kann sich denken was ich dann am selben Tag noch gemacht habe. Statt mich zu Hause zu schonen, habe ich in meiner Arbeit angerufen und mein Kommen für den nächsten Tag angekündigt. Gut, die Prothese konnte ich nicht mehr tragen, aber das hinderte mich nicht daran, arbeiten zu gehen. Ich muss dazu sagen, dass ich damals noch auf die öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen war. Von meiner Wohnung aus zum Bus, damit gut 1km gefahren und dann musste ich fast 2 km zu Fuß auf Stützen zurücklegen. Bei winterlichen Verhältnissen wahrlich kein Vergnügen.

Jetzt mag man sich fragen warum ich nicht von Kollegen, oder sogar von meinem Arbeitgeber abgeholt worden bin….. Weil jeder nur an sich gedacht hat. Jeder war sich selbst der Nächste. Es sei denn, jemand hatte Geburtstag und es wurde etwas ausgegeben, dann waren alle sofort zur Stelle. Was habe ich daraus gelernt? Würde mich heute jemand so behandeln, wäre ich schneller von meinem Arbeitsplatz weg als man schauen kann. Doch ich war mir sicher, wenn ich nicht arbeiten gehe, unter welchen Umständen auch immer, bin ich diesen Job schneller los als ich denken kann.

Die Tage vergingen bis ich dann am 23. Dezember 2018 das Ergebnis der Biopsie mitgeteilt bekommen habe. Ich war an einem bösartigen Knochentumor erkrankt, einem Chondrosarkom. Die Operation war für den 25. Jänner 2019 geplant. Unmittelbar nach den Weihnachtstagen begann dann auch schon meine Chemotherapie. Ich bekam damals eine Chemo in Kapselform verabreicht. Die Nebenwirkungen sind deutlich geringer als bei einer intravenös verabreichten. Meist habe ich dann zwei Tage an meinem Arbeitsplatz gefehlt. So vergingen die Tage bis zur Aufnahme und Operation deutlich schneller, ich konnte mich ablenken. Damals dachte ich noch man würde mich brauchen, meine Arbeit wertschätzen. Bei ein paar Kollegen war ich mir sicher, dass sie es taten. Heute denke ich anders darüber.

Die Operation habe ich ganz gut verkraftet, auch die danach folgenden Chemo- Einheiten. Aber auch jetzt bin ich wieder in mein altes ICH zurück gefallen. Statt mich daheim zu schonen, saß ich nach fünf Wochen wieder an meinem Schreibtisch, da ich wußte, wenn ich länger als 6 Wochen krankgeschrieben bin, ich ins Krankengeld falle. Ein Umstand den ich mir nicht erlauben konnte. Von meinem damals, trotz Vollzeit, sehr geringem Gehalt wären mir nur 60% ausbezahlt worden. Das wäre unter meinem Hartz IV Satz gewesen. Somit blieb mir nichts anderes übrig als arbeiten zu gehen. Zudem dachte ich die Ablenkung täte mir gut.

Die Tage, Wochen und Monate vergingen. Ich ging meiner Arbeit nach. Merkte aber immer mehr wie unzufriedener ich wurde. Nicht wegen dem Job, der machte mir Spaß, es war eher wegen dem Umfeld um mich herum. Intrigen und Schikanen wurden zur Tagesordnung. Was dem einen Kollegen zugestanden wurde, war dem anderen untersagt und wurde direkt angemahnt. Wer sollte mich einstellen mit dieser Krankengeschichte?

Ich habe damals so manch eine Träne vergossen, weil ich es einfach nicht geschafft habe, Tacheles zu reden. Stattdessen habe ich alles so hingenommen.

Tja, bis ich dann im Juli 2020 nach einem erneut sehr persönlichen Angriff gegen mich, meine Kündigung ausgesprochen habe. Das hat aber auch nur geklappt, da ich wußte, dass ich ja im August in die Steiermark siedeln werde. Ich kann mich noch sehr gut an die Gesichter erinnern. Keiner, aber auch wirklich keiner, hat es verstanden warum ich gehe. Meine Kollegen wußten zu dem Zeitpunkt nicht, dass ich siedeln werde. Ich habe den Grund verschwiegen, eben weil ich genau wußte, dass wieder nur gelästert worden wäre. Erst am Tag meiner Abreise haben sie es erfahren und da war es mir egal was geredet wird.

 

"Wir sollten nicht versuchen, die Menschen zu verändern,  

sondern ihnen erklären,

warum manchmal neue Wege besser sind als die alten!“

Nach meinem Siedeln in die Steiermark machten sich leider wieder sehr viele gesundheitliche Probleme breit. Der Krebs kehrte zurück und machte eine erneute Operation, die Hüftexartikulation am 27.Jänner 2021 unausweichlich. Doch auch bis jetzt habe ich gesundheitlich nicht wirklich zur Ruhe finden können, leider lebe ich nach wie vor mit der Ungewissheit ob der Krebs metastasiert hat. Kontrolltermine gehören zu meinem Leben dazu wie für andere der Besuch im Restaurant.

Etwas Positives hat das Ganze: All das Erlebte hat mir die Augen geöffnet und ich komme meiner Reise zu mir selbst immer näher.

Auch wenn mein Prozess innerlich zu reifen und meine Träume zu verwirklichen noch lange nicht zu Ende sind, möchte ich euch schon hiermit etwas sagen und mit auf den Weg geben:

Auch wenn ihr Misserfolge, Schicksale oder Fehler erlebt, das Wichtigste ist doch, dran zu bleiben und nicht frühzeitig aufzugeben.

Vielleicht passiert es nicht gleich, aber irgendwann. Du musst dran glauben, positiv bleiben und natürlich einfach MACHEN!

Jemand der sagt, dass eine andere Person ein tolleres und viel besseres Leben hat und die ganze Zeit der Meinung ist, dass sein Leben viel weniger wert und schlechter ist, wird im Leben nicht viel erreichen. Die Tatsache ist, dass jeder seine Situation bestimmt und so sein kann, wie er möchte. Ihr braucht einen Traum, ein Ziel und vor allem eine positive Einstellung gegenüber der Welt und anderen Menschen. Auf diese Weise öffnet uns das Leben viele unbekannte Tore, vor denen man keine Angst haben sollte sie zu öffnen, auch wenn es mit einem Risiko verbunden ist. Die erfolgreichsten Menschen haben keine Angst vor Risiken und haben keine Angst vor dem Leben. Die Welt gehört denjenigen, die immer gegen den Wind in eine unbekannte Richtung gehen.

Außerdem denke ich, dass alles seinen Sinn und Zweck hat. Nichts im Leben passiert rein zufällig. Auch wenn es immer wieder Probleme geben wird, ob gesundheitlich oder in einer anderen Form, sollten wir das Licht am Ende des Tunnels sehen und daran glauben, dass es einen bestimmten Grund dafür gibt, wieso dies gerade jetzt geschieht. Oft erleben wir genau diese Momente und uns fällt es schwer dann zu glauben, dass es gut wird.

Heute bin ich mir ganz sicher, dass  genau diese Momente mit all den schlechten Erfahrungen notwendig waren, um die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen, um zu der Person zu werden, die ich heute bin.

Sie haben mir geholfen zu einem stärkeren und selbstbewussteren Menschen zu werden. Vielleicht schaffe ich es mit meiner Geschichte dich auf deinem Weg zu dir selbst zu bringen.

Auch wenn wir eine Sanduhr stark schütteln,

                        wird kein Körnchen schneller fallen.

                        Habe Geduld und Versuch nichts zu erzwingen,

                        alles im Leben kommt zur rechten Zeit!

Ich wünsche dir viel Spaß beim Lesen und freue mich, dich auf deinem Weg begleiten zu dürfen.